Ziel des Bloggs

Dokumentation EZA Aktivitäten von Sven Schoderböck u. Sarah Namirembe in Kampala, Busia, Kayunga u. Luwero mit folgenden Zielen:
Armutsbekämpfung, Waisenhaus, Schulen, Abfall, Siedlungswasserbau; motivieren mitzumachen oder selber etwas zu versuchen
Kontoinformation Spenden: Bank Austria: Konto Nr.50293147800 (IBAN: AT70 1200 0502 9314 7800, BIC: BKAUATWW) Bitte Namen des Spenders angeben! Spenden
die nach Projektende eintreffen werden für eine Fortsetzung gesammelt bzw. nach Uganda bevorzugt für Maßnahmen im Waisenhaus überwiesen.

05.03.14

endlich angekommen?


Es ist Warten angesagt an einem wichtigen Tag meines Lebens, vielleicht dem Wichtigsten überhaupt, da Weichen gestellt werden. Das erste Warten auf dem Flughafen dauert nicht lange, da das Flugzeug früher kommt und mit dem Flugzeug kommt meine Frau Sarah aus Uganda. Es war ein harter langer Kampf um das zu erreichen. Ein guter Tagesanfang. Vorbereitungen in der Wohnung am Vortag; viel Energie vor allem von Seiten meiner Mutter; ein kleiner Fehler der Handwerker, auch einer von mir trüben die Vorfreude nicht. Irgendwie hat man es im Gefühl wenn es ein guter Tag wird.
 
Das zweite Warten dauert länger. Ich warte auf die Zusage auf einen Job in Gulu Uganda. Mehr als fünf Jahre habe ich mit Eigenmitteln im Urlaub Kleinprojekte zur Armutsbekämpfung abgewickelt. Sarah war immer mit dabei. Jetzt soll es anders werden. Bei selbst finanzierten Projekten stößt man bald an seine Grenzen in Form von Zeit, Geld und institutionellem Zugang. Zuerst aber Stress in der Wohnung weil wir wegen des neuen Jobs noch Josef (Schulbauprojekt in Busia) kontaktieren müssen, wegen einer Beurteilung, die für den neuen Job verlangt wird. Da ist etwas schief gelaufen. Keine Zeit für eine schöne Begrüßung! Es geht gleich zur Sache, wie direkt nach der Hochzeit, wo Sarah noch im Brautkleid zu einer Behörde fahren musste um einen Termin nicht zu versäumen. Damals war die Intervention vergeblich. Diesmal wird es klappen.
 
Ich zeige Sarah die Anforderungen für den neuen Job und zeige Ihr aus meiner Sammlung der EZA und Ugandabücher "Wanderer der Nacht" von Wojciech eine in deutsch übersetzte gebundene Reportasche über Gulu. Dann erst ist die Kompensation des Schlafentzugs durch den Nachtflug in dem neu aufgestellten Bett an der Reihe. Nicht lange und das Telefon läutet aber es ist nicht wegen des Jobs sondern wegen eines Rückrufs des Handwerkers dessen Arbeit in einem wesentlichen Punkt zu beanstanden war. Ich nehme mir nach dem Gespräch vor das selbst herzurichten. Dann ein Mail von Robert (Waisenhaus Oasis Uganda), dass die Kinder nichts zu essen haben. Das macht mich traurig. Wenn ich den Job bekomme, kann ich da wenigstens mit Geld und dem einen oder anderem Wochenendbesuch helfen. Ich warte auf den Rückruf und schaue mir das Motivationsschreiben noch einmal an. Das habe ich neben zahlreichen anderen Dokumenten im Zuge der Bewerbung weggeschickt. Mir fällt einiges auf was ich besser formulieren hätte können; oder vielleicht weniger persönlich; vielleicht habe ich etwas zu stark kritisch dargestellt; vielleicht hätte ich die Männer nicht verteidigen sollen bei einer Genderfrage, die sich nur auf ungerecht behandelte Frauen bezog; aber es stimmt einfach dass ich keine schwachen saufenden Männer in Uganda gesehen habe, die Ihre Frauen sitzen lassen und dass man genau hinschauen muss wer benachteiligt ist; vielleicht hätte ich noch erwähnen sollen dass ich Unfairness nicht nur bei den Frauen sehe sondern die Achse arm / reich die sich immer mehr verbreitert ein riesiges Gefahrenpotential darstellt. Man grübelt was man falsch gemacht haben könnte. Es muss diesmal funktionieren. Es ist meine letzte Chance. Ich lese den Text noch einmal durch. Vielleicht hätte ich eine ganz normale Bewerbung schreiben sollen ,wie bei anderen Jobs. 
Ich möchte endlich durchstarten. Wenn ich weiß ich kriege den Job fange ich sofort an mit dem konkreten Einlesen. Die theoretischen Bücher, die ich gerade lese wie Gleichheit ist Glück von Wilkinson oder Interkulturelle Kulturwissenschaften von Michael Hofmann wandern ins Regal.  Die über 70  digitale gesammelten Dokumente von verschiedenen Vorlesungen auf der Boku und der Studienrichtung "Internationale Entwicklung" habe ich vorher schon durchgeackert, nach Dingen die für das Vorstellungsgespräch wichtig sein hätten können. Es war aber alles Fleißarbeit (die ich aber gerne gemacht habe) weil es ein Ziel gab und weil diese Dinge mein Leben sind. Ich lese den Text vom Motivationsschreiben wieder.
 
Motivationsschreiben
Ich hatte in meinem Leben zahlreiche Chancen und Verwirklichungsmöglichkeiten nur weil ich  im richtigen Land, im richtigen Umfeld geboren wurde. Ich darf besser leben und mehr begrenzte Ressourcen verbrauchen als andere Menschen. Ich möchte jenen, die dieses Glück nicht hatten etwas zurück geben. Ich möchte gelerntes und im Beruf erfahrenes für die Menschen und für die Umwelt einsetzen, bevorzugt dort wo es am Dringendsten benötigt wird.

 

Mein technischer Hintergrund mit der HTL Elektrotechnik und dem Studium Kulturtechnik und Wasserwirtschaft, gepaart mit meiner pädagogischen Kompetenz (Lehrer und Beraterausbildung) und einer Berufserfahrung, die es zulässt diese Komponenten zu verbinden, bilden den Unterbau des "Weltanschaulichen". Durch meine Ugandaaufenthalte und durch meine begleitende Weiterbildung auf der BOKU u.a. "verfügbare Technologien" und IE "Entwicklungszusammenarbeit" konnte ich das theoretische mit dem praktischen verbinden und mit meinen "westlichen" Erfahrungen kontextualisieren. Ich traue mir zu von der begleitenden Kontrolle einer Großwasserversorgung bei uns bis zum Selbstbaukurs für einen Kleinwasserbehälter in Uganda, eine breite Palette mit unterschiedlichen technischen, koordinativen  bis pädagogischen Anforderungen abdecken zu können. Ich darf es derzeit nur als mein Hobby ansprechen, bei allen Unterschieden nach gemeinsame Grundstrukturen und Synergien zu suchen und diese mit den Menschen umzusetzen.

 

In vier Ugandareisen habe ich mit kleinen Organisationen zahlreiche Graswurzelprojekte durchgeführt. Besonders stolz bin ich auf ein Projekt im Kayunga Distrikt, wo ich mit Schülern einen Wasserbehälter aus weggeworfenen Plastikflaschen gebaut habe; Abfallvermeidung, Wasserversorgung und Bildungsarbeit mit begleitendem Hygieneprogramm kombiniert in einem Kleinprojekt. Schulbau, Waisenhaushilfe, Mithilfe bei einer abfallwirtschaftlichen Organisation, Montage einer Kleinsolaranlage, Workshops und Schulstunden waren weitere größtenteils von mir finanzierten Aktivitäten, die ich im Urlaub durchgeführt habe.

Mein größter Wunsch ist es diese Trennung zwischen "Geld verdienen" in Österreich und gesellschaftlich (wertvoller) EZA Arbeit im Urlaub aufzulösen. Neben Uganda als ideales berufliches Verwirklichungsumfeld habe ich in der Perle Afrikas einen Edelstein gefunden. Ich habe jene Frau, die bei allen Projekten in Uganda meine rechte Hand war (und ist) geheiratet. Sie darf momentan nicht nach Österreich einreisen. Es ist für mich ein Grundrecht nach der Hochzeit zusammen sein zu dürfen, genauso wie der Zugang zu sauberem Trinkwasser ein Grundrecht für alle Menschen sein sollte.

 Ihre Zusage zu der ausgeschriebenen Aufgabe würde für mich eine Tür öffnen, an die ich schon mehr als ein Jahrzehnt anklopfe. Es ist eine Tätigkeit auf die ich schon sehr lange hin gearbeitet habe. Es ist mein dritter Versuch mich bei Ihnen zu bewerben; alle sprichwörtlich "guten Dinge"  liegen nicht nur in der Drei und sind auch nicht nur bereichernd für mich. Ich habe mich laufend weiter entwickelt und (uneigennützig) sehr viel Energie in die Sache gesteckt. Ich brenne darauf an der Schnittstelle Umwelt, Gesundheit und Entwicklung für die Menschen in Uganda etwas zu bewegen. Ich habe vor 3 Jahren mit der Österreich Ugandischen Freundschaftsgesellschaft die Quellgebiete der Wiener Wasserversorgung besucht und habe anschließend eine Kanalführung in Wien organisiert und selbst durchgeführt. Ich habe in Uganda mit Kindern gesprochen die schwere Kanister aus kostenpflichtigem oder angezapftem Wasser schleppten, das anschließend noch aufzukochen war. Ich möchte "mit tragen" und einen bescheidenen Beitrag dazu leisten, die aufgezeigte Lücke zu verkleinern ohne dabei mit einer gewissen Bescheidenheit aus dem Auge zu verlieren, dass wir mit unserem Umweltverbrauch (z.B.: Wasserklosett) nicht besser sind und dazu lernen zwei Richtungen haben sollte.

Es macht den typischen Gong wenn man ein Mail im Postkasten hat, wahrscheinlich von den vielen abonnierten Newslettern (von Attac über Baobab, C3 Bücherei EZA, Freire Zentrum, Frauensolidarität, Umweltmanagement, VIDC). Ich nehme mir vor das zu reduzieren kann mich aber dann nicht durchringen. Es würde mir wie ein Verrat an der in diesen Newslettern enthaltenen Ideologie vorkommen. Es ist ein Mail von der Organisation wegen des Jobs. Ich laufe nervös herum. Ich habe auf einen Anruf gewartet nicht auf ein Mail. Es muss aber kein schlechtes Zeichen sein da für das anschließende Seminar ja Bewerber von verschiedenen Jobangeboten eingeladen werden und da ist ein Mail an alle einfacher. Ich laufe herum. Ich wecke Sarah wieder auf, da ich das Mail nicht alleine aufmachen will. Es ist meine letzte Chance. Es muss funktionieren. Ich denke daran dass ich der Dame beim Vorstellungsgespräch ein schönes Ketterl aus Papierkugeln geschenkt habe, das von den Kindern in Oasis gemacht wurde. Sie hat sich darüber gefreut, oder war sie nur verlegen, vielleicht war das ein Fehler. Nein sie hat sich gefreut. In welchem meiner Ordner über EZA und Uganda habe ich die Anleitung mitgeschrieben und noch andere praktischere Bastelanleitungen gesammelt. Ich muss das Mail aufmachen. Vorher mache ich die Vorschau noch kleiner, um nicht vorher schon etwas lesen zu können. Alles völlig Sinnlos was ich da mache! Ich denke kurz an das Lied "this time" von Tracy Chapman aber da geht es nur um die Liebe und nicht um das ganze Leben (von der Liebe ein wichtiger Teil ist). Sie singt darüber, dass sie sich diesmal selbst wichtig nehmen wird. Diesmal ist sie die Stärkere, diesmal wird sie ihr Herz verschließen, diesmal wird ihr eine Abweisung nicht weh tun. Das ist das falsche Lied, denke ich bevor ich das Mail endlich doppelklicke. Das Warten hat ein Ende.

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