Ziel des Bloggs

Dokumentation EZA Aktivitäten von Sven Schoderböck u. Sarah Namirembe in Kampala, Busia, Kayunga u. Luwero mit folgenden Zielen:
Armutsbekämpfung, Waisenhaus, Schulen, Abfall, Siedlungswasserbau; motivieren mitzumachen oder selber etwas zu versuchen
Kontoinformation Spenden: Bank Austria: Konto Nr.50293147800 (IBAN: AT70 1200 0502 9314 7800, BIC: BKAUATWW) Bitte Namen des Spenders angeben! Spenden
die nach Projektende eintreffen werden für eine Fortsetzung gesammelt bzw. nach Uganda bevorzugt für Maßnahmen im Waisenhaus überwiesen.

17.03.12

Lebensumstände "einfacher" Leute, Goetheinstitut

Die "harte" Projektphase ist vorbei.
Wir installieren noch die Solaranlage in Sarahs Haus, eigentlich auf dem Dach eines Hauses in dem Sarah ein Zimmer mit ihrer Mutter teilt. Der Raum den Sarah und Ihre Mutter zur Verfügung haben ist klein, sehr klein. Zwei Betten nehmen eine Drittel der zur Verfügung stehenden Fläche ein. Eine weitere Fläche gibt es hinter einer Zimmertür. Die ist aber verschlossen und hat auf der anderen Seite des Hauses eine Türe, mit einem ähnlichen Zimmer. Insgesamt gibt es 5 oder 6 solcher Türen in dem kleinen Haus. Manchmal schlafen sie zu dritt in dem kleinen Raum, da die Familie einen Waisen aufgenommen hat, der abwechselnd bei Ihnen oder einer Schwester schläft; auf dem Boden. Mehr als 15 Leuten leben in dem Haus. Immerhin sind sanitäre Anlagen ganz in der Nähe und es gibt eine Ausweichmöglichkeit zum Kochen und es gibt auch eine Ausweichmöglichkeit bei Verwandten, die eventuell ein wenig mehr Platz haben. Es gibt auch den Koffer, den ich im Waisenhaus in den Betten gesehen habe auf Sarahs Bett. Da sind bei den Waisen alle Habseligkeiten drinnen. Bis zu 6 Kinder in einem 3er Stockbett. Koffer waren es aber nur immer einer pro Etage. Vielleicht muss da auch der Koffer geteilt werden. Da geht sich nicht viel Privates aus. Bei Sarah ist es schon besser, weil man einiges auslagern kann aus dem Koffer, den sie seit ihrer Kindheit hat. An der Wand hängen Schuhe. Die kann man leicht auslagern, an die Lehmwand, mit Kleidern geht das nicht meint Sarah, da die Kleider schmutzig werden. Auch finden wir in einem riesigen Metallfachgeschäft mit westlichem Sortiment, wahrscheinlich dem größten entsprechenden Geschäft in ganz Uganda keinen einzigen Nagel der für die Kabelbefestigung geeignet ist und auch Sarah zusagt. Die halten nicht, man braucht da einen bestimmten, nein das geht auch nicht. Wahrscheinlich hat sich bei den Reichen noch nicht so herumgesprochen dass dieses Material Vorteile hat und temperatur- und feuchtigkeitsausgleichend wirkt. Angesprochene Nachteile könnte man mit einem schlichten Kleiderkasten kompensieren.

Sarah hat keinen richtigen Job. Die Volunteergesellschaft bei der sie mitgearbeitet hat existiert in dieser Form nicht mehr. UVDA besteht zwar noch und könnte wieder Aufwind bekommen und Sarah pflegt auch die Kontakte aber ein richtiger Job wird es nie werden und war es auch nie. Aber wer hat hier schon einen richtigen Job. Dann gibt es noch den Markt, auf dem Ihre Mutter arbeitet. Da kann sie auch öfter etwas  helfen und dann die Hausarbeit, die viel mehr ist als bei uns, da vieles Umständlicher ist und da es im Umfeld so viele Kinder gibt die mitversorgt werden  wollen. Sarah muss sich einen Job suchen; Sarah muss sich auch eine Beschäftigung suchen. Warum nicht deutsch lernen. Sie interessiert sich für Sprachen und hat im Laufe Ihrer Volunteerstätigkeit schon einiges aufgeschnappt. Oft sind es nur die wichtigsten Wörter in den verschiedensten Sprachen. Aber das ist immerhin ein Anfang. Das Goetheinstitut Kampala liegt im reichen Teil der Stadt, wo die großen teuren oft weißen Geländewagen das fast menschenleere Straßenbild prägen. Leer ist im Verhältnis zu anderen Stadtteilen gemeint, wo man straßennah Geschäfte machen kann und Geschäfte machen muss um zu überleben. Dort, in der Reichenzone gibt es kaum Geschäfte, die man machen kann. Die leben in Ihrer eigenen Welt und brauchen abgesehen von der billigen Arbeitskraft wenig von dem außen vor dem sie sich mit Stacheldraht oder diesem noch schlimmeren Draht, den ich bei uns nur einmal beim Bundesheer gesehen habe abschotten. Hoffentlich kommt es nicht auch bei uns durch die Eurokrise nicht zu einer Verschärfung dieser Situation, weil bei den schlechter gestellten gespart wird.

Am Schlimmsten ist es am Golfplatz, der zweite große stadtplanerische Fehler Kampalas, neben der Bevorzugung des motorisierten Individualverkehrs und Benachteiligung der Fußgänger. Da laufen auf einer riesigen Fläche 2 oder 3 Leute herum, während sich ein paar hundert Meter abseits die Leute gegenseitig auf die Füße steigen. Die Dekadenz der Reichen ist kaum irgendwo anders sichtbarer, zumindest für mich; aber ich glaube, dass man auch ohne 4 Jahre Praxis in der Raumplanung und ohne auf der TU nachgeholtem Knoflacher zu diesem Ergebnis kommen kann wenn man mit offenen und kritischem Blick durch Kampala geht.

Im Eingangsbereich des Goetheinstitutes muss man sich eintragen, dann geht es in ein Büro in dem zwei junge Leute sitzen. Ich vermute Volunteere aus Deutschland und liege damit, wie sich später herausstellen wird richtig. Ein Sprachkurs für 10*6 Stunden liegt preislich auf eher afrikanischem Niveau als auf deutschem. Mit einem kleinen Mitgliedsbeitrag hat man auch freien Zugang zur Bücherei und kann gratis Veranstaltungen besuchen. Es gibt auch einen EDV Raum in dem man Lernsoftware verwenden kann. Mindestens einmal im Monat gibt es einen Film auf deutsch mit englischen Untertiteln, der für Mitglieder gratis ist. Alles in allem könnte man die Liegenschaft nach Deutschland oder Österreich versetzen und es würde nur an wenigem auffallen, dass sich die Sprachschule nicht in Deutschland oder Österreich befindet. Vielleicht die Pflanzen im Garten, vielleicht der hohe abgesicherte Eingangsbereich, vielleicht die doch alten deutschsprachigen Bücher; Hesse und Böll stechen mir ins Auge. Ein Viertel dieser Bücher stehen in Wien in meinem Bücherregal und mehr als ein Viertel davon habe ich irgendwann einmal gelesen oder lesen müssen. Vom Heinrich Böll habe ich mehr Bücher zu Hause. Ich frage ob sie auch Bücher in Deutsch über Uganda haben, auch davon habe ich mehr zu Hause. Vielleicht sollte die Österreichisch Ugandische Freundschaftsgesellschaft, die ja Ihr Treffen immer in einer Büchereizweigstelle mit einer großen Ugandaecke hat da aushelfen.

Die Person die für die Kursanmeldung zuständig ist, ist krank und die Anmeldung für den nächsten Kurs beginnt erst nächste Woche erzählt mir die Vollunteerin, und dann wieder ein Klischee, ich weiß, aber es passt so gut zu der Situation, eine Mischung aus deutschem Pflichtbewusstsein und deutscher Gründlichkeit und der afrikanischen Improvisiergabe. Es wird in deutschen Zeitmaßstäben alles unter Dach und Fach gebracht. Das eröffnen eines Kontos an einer großen ugandischen Bank war dagegen eine Tortur.

Hinter dem Eingang des Institutes steht ein Elefant aus alten Plastikflaschen. Das passt gut zu meinem Flaschenschwerpunkt. Sarah meint es ist eine Landkarte und kein Elefant. Ich bleibe bei meinem Elefanten. Wir fragen die Frau am Eingang mit der Besucherliste. Sie meint, es sei eine Landkarte. Ich frage nicht nach ob es in Uganda auch Elefanten gibt oder nur in Kenia. Das gehört auch zu den wenigen Dingen, die mich kaum interessieren, auch weil sich so viele andere dafür interessieren, die sich für anderes wichtigeres und vor allem für die Menschen nicht interessieren.

Wir gehen in ein Restaurant, in dem Sarah lange gearbeitet hat und das nicht weit vom Goetheinstitut entfernt liegt. Es ist sehr nobel. Ich will eigentlich für so etwas nicht viel Geld ausgeben, ich will diese Szene nicht, aber da Sarah dort gearbeitet hat, mache ich Ihr die Freude unter der Bedingung, dass es kein reiches Mochungogehabe gegenüber ehemaligen Arbeitskollegen geben darf. Es ist überwiegend koreanische Küche, die Speisen entsprechen ungefähr unseren Chinarestaurants, die Preise sind auf Wiener Mittagsmenüebene in einem entsprechenden Lokal, also erschwinglich für zwei Personen einmal in sieben Wochen, trotz prekärer Abfallberatergehalts und Vertragssituation. Wir bekommen einen eigenen Raum für zwei Personen. Die Schiebtüre wird jedes Mal leise auf und zu gemacht wenn jemand hereinkommt. Das dauernde andienende Bemühen der Kellner ist mir unangenehm, die Klimaanlage auch, die daraufhin abgeschaltet wird. Das Essen ist sehr gut. Mit den vielen zusätzlichen kleinen Tellerchen ist man auch beschäftigt.

Wieviel hat Sarah in dem Restaurant verdient? 3000 Schilling am Tag also einen Euro pro Tag. Das Essen war gratis dabei. Für zu spät kommen oder zum Arzt gehen gibt es Abzug. Wenn ein Geschirr  kaputt gegangen ist musste man das bezahlen. Sie zeigt mir ein kleines Geschirr in dem Salat drinnen ist und meint: „Das waren 20 000“. Ich frage nach wie es mit dem Trinkgeld ist und schaue dabei aus dem Fenster, wo auf einem großen Parkplatz zwei zu groß geratene Geländewagen stehen. Daneben putzt ein Mann penibel Servierwagerl. Es gibt kaum Trinkgeld bzw. es ist nicht bei Ihr abgekommen. Es gab auch ganze Tage, an denen kein einziger Gast gekommen ist, oder eben nur eine kleine Gruppe. Heute ist das große Restaurant für eine Veranstaltung gebucht, da gibt es viel zu tun. Koreanische beschäftigte verdienen viel mehr und arbeiten dafür weniger. Ich frage warum sie aufgehört hat. Es war das nach Hause gehen oft nach Mitternacht. Das kann für eine Frau gefährlich sein. Das war auch ein Grund.

Zurück im Hotel!
Die Rezeption im Hotel ist eine Nische im Stiegenhaus, in der gerade 2 Personen eng nebeneinander sitzen können. Das Mädchen an der Rezeption unseres Hotels fragt mich nach meinen Kollegen in Österreich. „Die interessieren sich nicht besonders für Afrika und etwas abschwächend um sie nicht vor den Kopf zu stoßen, vielleicht einer oder zwei“ antworte ich halbwegs wahrheitsgemäß. „Sie studiere auf der nahen Makerere Universität“ meint sie daraufhin. Mir fehlt irgendwie der Zusammenhang. „Es ist teuer und sie will mit einem Freund von mir studieren, etwas internationales“ Der Zusammenhang ist noch immer etwas verworren aber ich habe die Chance zu fragen wie viel sie verdient. 120 000 Schilling im Monat. Das sind 1.33 Euro pro Tag. Ein gemietetes Zimmer in der Nähe kostet mindestens 85 000, die sind aber schwer zu kriegen, bei teureren ist es leichter. Dann braucht man noch Geld zum studieren und bräuchte man noch Geld für eine Sozialversicherung. Auf eine entsprechende Frage bekomme ich keine Antwort, also die Frage ob sie spät Abends nach Hause gehen muss. Nein sie muss nicht. Immerhin! "Wo kann sie dann schlafen", frage ich. Sie deutet auf den Stuhl auf dem sie sitzt bzw. auf den Boden. Wie sind die Dienstzeiten? 24 Stunden Dienst dann 24 Stunden frei. Ab 2 Uhr darf sie schlafen, im sitzen oder eben zusammengekauert am Boden. Wenn ein Hotelgast nach 2 Uhr etwas will, was allerdings bei der geringen Belegung selten vorkommen wird, muss sie jederzeit zur Verfügung stehen.

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